Bei meiner ersten Begegnung mit der Uhrenwelt wurde ich mit einer großen Fülle an Terminologie und allerhand ungeschriebenen Regeln konfrontiert. Und obwohl dies ein Einführungsritual für Neulinge eines jeden Hobbys ist, war es relativ schwierig, anfängerfreundliche Erklärungen zu finden, bei denen man nicht mit Informationen erschlagen wurde. Die Uhrenindustrie besitzt eine faszinierende Geschichte, die Jahrhunderte zurückreicht, weshalb ihr Detailreichtum auch nicht weiter verwundert. Es ist großartig für Kenner, aber etwas überwältigend für Neulinge. In diesem Sinne lassen Sie uns einen umfassenden Blick auf eines der wichtigsten Bestandteile einer Uhr und seine Funktionen werfen – die Lünette.
Was ist die Lünette einer Uhr und welche Funktion hat sie?
In ihrer simpelsten Form ist die Lünette ein Ring, der das Schutzglas der Uhr fixiert. Allerdings haben Uhrenhersteller schon vor langer Zeit erkannt, dass man diesen Bestandteil mit Funktionen versehen kann, die weit über das reine Ablesen der Zeit hinausgehen. Abhängig vom Uhrentyp kann die Lünette einen wichtigen Beitrag zur Funktionalität des Zeitmessers beitragen. Eine einfache Anwendungsmöglichkeit findet sich auf Taucheruhren. Die Lünette dieses Uhrentyps besitzt eine 60-Minuten-Skala. Üblicherweise werden die ersten 15 Minuten in einminütigen Schritten markiert, während die restlichen Markierungen im Fünfminutenintervall erfolgen. Diese Art der Lünette wurde ursprünglich dazu konzipiert, die Verweildauer des Trägers (sprich Tauchers) unter Wasser zu messen, damit dieser weiß, wann er wieder auftauchen sollte. Eine Taucherlünette ist einseitig drehbar, und zwar gegen den Uhrzeigersinn. Dies ist eine Sicherheitsvorrichtung, die verhindern soll, dass sich die Lünette versehentlich verstellt und dadurch das Messergebnis verfälscht wird. Hierdurch kann die Darstellung der Tauchzeit verkürzt werden – möglicherweise mit fatalen Folgen! Auf diese Weise kann der Träger die Zeit bis zu einer Stunde messen, indem er den Minutenzeiger mit den Markierungen auf der Lünette abgleicht. Diese Lünetten werden auch als Count-Up-Lünetten bezeichnet. Natürlich müssen Sie kein Profitaucher sein, um die Taucherlünette einem guten Nutzen zuzuführen: Sie können sich auch den „Desk Divern“ anschließen und mithilfe der Lünette herausfinden, wie schnell Sie einen Kilometer laufen oder wie lange Ihre Kaffeepause dauert.
Welche Arten von Lünetten gibt es?
Es gibt zahlreiche Lünettenarten von unterschiedlicher Ästhetik und Komplexität. Sehen wir uns nun Chronographen, also Uhren mit einer Stoppfunktion, an. Die Lünette eines Chronographen stellt üblicherweise eine Tachymeterskala dar, wobei diese auch am Zifferblattrand platziert sein kann. Diese Art von Lünette ist etwas komplexer gestaltet. In Kombination mit der Chronographenfunktion dient die Graduierung dazu, Einheiten pro Stunde zu ermitteln, in der Regel Geschwindigkeiten. Anders als die Taucherlünette ist diese Lünette unbeweglich. Um Sie nicht „mit Informationen zu erschlagen“, wie ich eingangs erwähnte, werde ich nur so viel sagen, dass es ein nettes Werkzeug ist, welches oft übersehen wird. Zwei berühmte Modelle mit solch einer Lünette sind die Omega Speedmaster Professional und die Rolex Cosmograph Daytona.
Andere bekannte Beispiele
Während einige Lünetten für Messungen oder Berechnungen genutzt werden können, dienen andere als Kompass oder zeigen die Zeit in einer anderen Zeitzone an. Schauen wir uns Letztere einmal an. Bei GMT-Uhren liest man die Ortszeit in der Regel wie gewohnt vom Zifferblatt ab. Mithilfe einer 24-Stunden-Skala auf der Lünette und einem zusätzlichen Zeiger auf dem Zifferblatt können Sie jedoch auch die Zeit in einer zweiten Zeitzone (je nach Modell sogar einer dritten) ablesen. Bei Uhren wie der Rolex GMT-Master II stellt der Träger zunächst den GMT-Zeiger mithilfe der 24-Stunden-Skala auf die Heimatzeit ein. Das heißt, wenn es dort beispielsweise 15:00 Uhr ist, steht der GMT-Zeiger bei der entsprechenden Markierung auf der Lünette. Als Nächstes stellt man den separat verstellbaren Stundenzeiger auf die Lokalzeit, also den Ort, an dem ich mich gerade befinde.
Materialien, Farben und Eigenschaften von Lünetten
In Anbetracht ihrer Funktion als Fixierung und Schutz des Uhrglases muss eine Lünette robust sein. Die Lünette selbst besteht in der Regel aus dem gleichen Material wie das restliche Gehäuse, während die Lünetteneinlage aus Aluminium, Keramik und anderen Materialien bestehen kann. Uhrenhersteller neigen dazu, die Oberfläche bei Damenuhren mit Diamanten und anderen dekorativen Elementen zu verschönern. Die drehbare Lünetten von Taucheruhren verfügen in der Regel über geriffelte Ränder, da diese auch mit Handschuhen leicht zu greifen und zu drehen sind.
Über ihre Funktionalität und Zweckmäßigkeit hinaus sind Lünetten oft das Erkennungsmerkmal von Kult-Uhren. Nehmen Sie etwa die Rolex GMT-Master II „Pepsi“. Die im kräftigen Rot bzw. Blau gehaltenen Hälften des GMT-Lünetteneinlage dienen dazu, anzuzeigen, ob in der zweiten Zeitzone Tag oder Nacht ist (rot für Tag, blau für Nacht). Dieser von Sammlern und Uhrenliebhabern geschätzte Zeitmesser ist der Beweis dafür, dass die Lünette einer Uhr einen hohen Wiedererkennungswert haben und Vorteile bieten kann, die wenig bis gar nichts mit ihrem eigentlichen Zweck zu tun haben. Die Audemars Piguet Royal Oak ist ein weiteres tolles Beispiel. Ihre Lünette bietet zwar keine Komplikation, dafür ist ihre achteckige Form mit den dekorativen Schrauben in der Uhrenwelt hoch angesehen.
Der Wechsel einer Lünette
Es gibt verschiedene Gründe dafür, die Lünette oder die Lünetteneinlage Ihrer Uhr zu entfernen. Vielleicht hat sie einen Schaden genommen oder dreht sich nicht mehr so gut wie früher, und Sie möchten nachschauen, was darunter vor sich geht. Das Entfernen dieser Elemente ist jedoch nicht zu vergleichen mit dem Wechsel eines Armbands, und das Risiko einer Beschädigung Ihrer Uhr ist hoch. Wenn Ihre Uhr wirklich einer Überholung bedarf, bringen Sie sie lieber zu einem Uhrmacher. Das erspart Ihnen viel Kummer und Ihre Garantie bleibt erhalten. Unterschätzen Sie jedoch nicht den individuellen Charakter, den eine Uhr durch ein wenig Patina erhalten kann.
Fazit
In der Regel steckt in der Lünette einer Uhr viel mehr, als man auf den ersten Blick erkennt. Sie bietet erstklassigen Platz für zusätzliche Funktionen, ohne das Uhrwerk zu verändern oder das Zifferblatt zu überladen – oder sie dient rein dekorativen Zwecken. Wie wichtig ist Ihnen die Lünette einer Uhr?