Die Patek Philippe Nautilus ist nicht nur eine der ikonischsten Luxusuhren aller Zeiten, sondern auch eine der begehrtesten. Unter Uhrensammlern hat sie längst Kult- sowie Legendenstatus erreicht. Jetzt wird die aktuelle Referenz des legendären Sportmodells, die 5711, von Patek Philippe eingestellt. Was macht dieses Modell so beliebt und wie hat es diesen Legendenstatus erreicht? Was könnten die Gründe für die Einstellung des Modells sein? Welche Bedeutung hat diese Entscheidung für Uhrenfans und wie wirkt sie sich auf den Markt aus? Hat Patek Philippe bereits eine 6711 im Petto? Wie könnte diese aussehen und was könnte Patek Philippe an der Nautilus in Zukunft ändern?
Die Luxus Sportuhr, wie wir sie heute kennen
Um die Bedeutung der Nautilus für die Uhrenwelt zu verstehen, müssen wir in die Vergangenheit, genauer gesagt, in die frühen 70er-Jahre zurückreisen. Es war eine Zeit, in der Uhren eine ganz andere Bedeutung hatten als heute. Denn ohne beispielsweise Smartphones, wurden Uhren damals wirklich noch gebraucht, um die Zeit anzuzeigen.
Damals waren Stahl-Uhren keine Accessoires oder Schmuckstücke. Sie waren kein Luxus. Sie waren Werkzeuge, um eben die Zeit anzuzeigen, und wurden seit den 50er-Jahren mit verschiedenen Funktionen für den professionellen Einsatz versehen, wie beispielsweise einer Taucherlünette oder GMT Funktion. Zwar gab es auch damals Uhren, die im Luxussegment angesiedelt waren, diese wurden jedoch meistens aus Edelmetallen wie Gold oder Platin gefertigt und konnten mit Komplikationen wie Minutenrepetition, ewige Kalender oder Tourbillon auftrumpfen.
Die Quarzkrise zwang die traditionellen Unternehmen aus der Schweiz jedoch zum Umdenken. Plötzlich waren Uhren für jeden erschwinglich, mechanische Uhren schienen überholt und überteuert, waren ihre Quarz-Pendants aus Fernost nicht nur günstiger, sondern obendrein auch noch präziser. Audemars Piguet erkannte bereits 1971, dass eine große Innovation nötig ist, um mechanische Uhren von den günstigen Quarzuhren abzuheben und neu zu positionieren. Und so beauftragte Audemars Piguet den Designer Gerald Genta, eine völlig neue Stahl-Uhr zu designen. Die Royal Oak war geboren. Die Uhr, die das Segment der Sport-Stahl-Luxusuhr begründete. Denn Audemars Piguet vermarktete seine neue Uhr als eine Art Statement. Eine Luxusuhr, die nicht aus Edelmetall besteht und nicht elegant daherkommt. Für die damalige Zeit war das völlig revolutionär.
Wurde bei der Royal Oak Genta beauftragt, die Uhr für Audemars Piguet zu designen, trat Genta wenige Jahre später selbst an Patek Philippe heran, um für sie eine wegweisende Sport-Luxusuhr zu designen. Und so wurde 1976 erstmals die Patek Philippe Nautilus, damals mit der Referenz 3700, der Öffentlichkeit vorgestellt. War die Royal Oak noch extrem kantig und durchaus noch toolig in ihrem Erscheinen, war die Nautilus viel weicher und filigraner gestaltet. Eine luxuriöse Uhr, aber eben nicht aus Gold, sondern aus Stahl, im sportlichen Gewand. Doch nicht nur äußerlich beging Patek Philippe mit dem Bullaugen-Design und für die damalige Zeit ungewohnte Größe der Uhr von 42 Millimeter Durchmesser neue Wege. Auch die Wasserdichtigkeit von bis zu 120 Meter stellte eine Neuheit für Patek Philippes Manufaktur dar. Wie Jahre zuvor Audemars Piguet, positionierte auch Patek Philippe die Uhr als Luxus-Sportuhr aus Stahl im obersten Preissegment. Und genau wie die Royal Oak, ist auch die Nautilus maßgeblich dafür verantwortlich, dass sportliche Uhren aus Stahl den Stellenwert haben, den wir heute kennen. Die Nautilus wurde zudem, nach anfänglicher Skepsis, zu Patek Philippes stärkstem Zugpferd und das bekannteste Modell.
Warum wird die 5711 eingestellt?
Nach insgesamt 45 Jahren und zahlreichen Varianten der Nautilus, wird diese geschichtsträchtige Uhr, aktuell die Referenz 5711, die seit 2006 existiert, nun eingestellt. Genauer gesagt handelt es sich um die Referenz 5711/1A-010, die wohl begehrteste Version der Nautilus mit blauem Blatt. Die Version mit weißem Blatt wurde bereits letztes Jahr eingestellt. Die Uhr befindet sich mit anderen Patek Philippe Modellen, die eingestellt werden, auf einer sogenannten Run Out Liste. Es werden noch wenige Uhren ausgeliefert, die bereits produziert wurden. Dass eine Modellreferenz eingestellt wird, nur um direkt eine neue vorzustellen, ist in der Uhrenbranche nichts Außergewöhnliches. Im Falle der Nautilus aber hält sich Patek Philippe noch sehr bedeckt, was einen Nachfolger der 5711 betrifft. Was steckt dahinter? Muss man befürchten, dass die Nautilus nicht nur temporär, sondern für die nächsten Jahre oder sogar für immer eingestellt wird?
Versucht man ein wenig zwischen den Zeilen von Patek Philippe CEO Thierry Stern zu lesen, der 2019 ein Interview für die New York Times gab, könnte es durchaus taktische Gründe für diese Entscheidung geben. In diesem Interview ließ er ein wenig durchsickern, dass er die Entwicklung der 5711 trotz oder gerade wegen des großen Erfolgs auch etwas kritisch sieht. Er könne sich den Erfolg der Nautilus nicht erklären, wo Patek Philippe doch viel mehr Modelle zu Auswahl hat, die seiner Meinung nach komplizierter und vielleicht auch schöner sind. Zu groß sei ihm der Hype, zu wichtig sei es ihm, in der Modellpalette eine gewisse Balance zu halten. Es scheint ganz so, als würde Patek Philippe nicht so von der Nautilus abhängig sein wollen, wie es beispielsweise Audemars Piguet mit seiner Royal Oak ist. Die Nautilus hat in den letzten Jahren nochmal extrem an Beliebtheit hinzugewonnen. Die Nautilus war längst nicht mehr nur für Uhrenliebhaber ein großes Thema, sondern gewann auch in der urbanen Welt wie zum Beispiel durch Celebrities immer mehr an Bedeutung.
Verfügbarkeit und Wertentwicklung
Die Nautilus 5711 war immer schon extrem beliebt und begehrt. Im Gegensatz dazu standen relativ geringe Produktionszahlen, so dass die Nachfrage immer schon viel höher war als das Angebot. So betrug die Wartezeit mehrere Jahre, wenn man sich überhaupt dazu zählen konnte, eine Uhr zum Listenpreis zu erhalten, so dass Fans und Sammler bereit waren, mehr als das Doppelte zu zahlen, nur um an die begehrte Uhr zu kommen. So betrug der Marktpreis der 5711 im Jahr 2020 bereits um die 60.000 EUR.
Dass die Einstellung einer so legendären Uhr große Auswirkungen auf die Wertentwicklung haben wird, dürfte klar sein. Schon allein Gerüchte zur Einstellung der 5711 hatten sofort Auswirkungen auf die Wertentwicklung der Uhr. Vergleicht man den Durchschnittswert vom Jahr 2020 mit dem Marktpreis vom 22. Januar 2021, als erste Gerüchte zur Einstellung erstmals die Runde machten, gewann die 5711 bereits nochmal 25 % an Wert.
Als wenige Tage später, am 25. Januar 2021, die Einstellung des Modells offiziell bestätigt wurde, lag dieser Wert sogar bei +31 %.
Vergleicht man den Durchschnittswert von 2020 mit dem vom Januar 2021, so ist dieser um ganze 49 % gestiegen.
Die Nachfrage nach der 5711 ist seit den ersten Gerüchten nochmals extrem gestiegen. Allein im Januar 2021 sind die Anfragen für die Uhr auf Chrono24, verglichen mit dem gesamten Jahr 2020, um 96 % gestiegen.
Die Einstellung der Nautilus 5711 hat den Hype um diese Uhr nochmal richtig angeheizt und so liegt der Marktpreis mittlerweile bei bis zu 120.000 EUR.
Kommt eine 6711?
Dass Patek Philippe sein stärkstes Zugpferd für immer aufgeben wird, ist schwer vorstellbar. Wahrscheinlich möchte man jetzt ein wenig abwarten und schauen, wie der Markt reagiert, und wird zu einem späteren Zeitpunkt einen Nachfolger der 5711 vorstellen. Bis dahin kann man ein wenig das Augenmerk auf andere Modelle des Hauses lenken und auch auf die Edelmetall-Versionen der Nautilus 5711, die tatsächlich noch nicht eingestellt sind.
Doch wie könnte eine 6711, wenn die Referenz denn so heißen wird, aussehen? Welche Veränderungen würde Patek Philippe an der neuen Nautilus vornehmen?
Vielleicht werden sie sich wieder mehr auf Edelmetalle konzentrieren und die Uhr, zumindest erst einmal, nicht in Stahl veröffentlichen. Damit könnte man sich wieder mehr auf die eigenen Wurzeln zurückbesinnen, nämlich als Hersteller von feinen Edelmetalluhren.
Glaubt man jedoch Leaks, die im Internet bereits kursieren, so könnte Patek Philippe auch völlig neue Wege gehen. Darin ist nicht nur von einer neuen Nautilus aus Platin die Rede, die ohne Datumskomplikation und mit 41 Millimeter Durchmesser daherkommt, sondern auch von einer anderen „No Date“ Variante mit blauem Sunburst-Blatt und, das wäre wirklich eine Neuheit, was die Auswahl der Materialien angeht, mit einem Gehäuse und Armband aus Titan. Waren Leaks in Vergangenheit oft nicht allzu ernst zu nehmen, sind diese vor allem in den letzten zwei Jahren immer wichtiger geworden und haben sich, wie zuletzt im Falle der neuen Omega Speedmaster, immer mehr ganz oder zumindest zum Teil bewahrheitet.
Wann ein Nachfolger vorgestellt wird und wie dieser tatsächlich aussehen wird, weiß am Ende allerdings nur Patek Philippe selbst. Es wird jedoch spannend sein, mitverfolgen zu dürfen, was Patek Philippe mit dem Aushängeschild der traditionsreichen Marke vorhat und was mit der Nautilus in Zukunft passieren wird.
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