In den Anfangszeiten der Uhrmacherei waren so gut wie alle Marken und Manufakturen unabhängige, inhabergeführte Betriebe mit gerade so vielen Mitarbeitern, wie für die Produktion und den Vertrieb der Uhren unbedingt erforderlich waren. Zur damaligen Zeit hatten alle Marken die gleichen Wettbewerbschancen und einen Namen machte man sich ausschließlich mit der Qualität der eigenen Produkte sowie deren technischen Neuerungen. Heutzutage ist die Branche mehr oder weniger durch ein „Big Business“-Modell geprägt – die meisten Marken, mit Ausnahme einiger weniger eigenständiger Betriebe, gehören Luxusgüterkonzernen an.
Nun mögen der Aufbau und die Eigentumsverhältnisse von Uhrenmarken dem normalen Sammler nicht sonderlich wichtig erscheinen. Doch derlei Wissen kann durchaus nützlich sein, um die Funktion bestimmter Produkteinführungen zu verstehen und Trends nachzuvollziehen, was einem letztlich bei der Sammlung zeitloser Uhren zugutekommt. Sehen wir uns das Ganze mal genauer an.
Swatch Group
Wie viele von Ihnen wissen werden, ist einer der bedeutendsten Uhrenhersteller derzeit die Swatch Group, ein von der Familie Hayek geführtes Unternehmen, das 1983 durch Fusion zweier anderer Uhrenfirmen (SSIH und ASUAG), die vor der Insolvenz standen, gegründet wurde. Durch umfangreiche Umstrukturierungen sowie die Einführung und den Erwerb mehrerer namhafter Marken entwickelte sich die Swatch Group zu einem der mächtigsten Namen in der Uhrenindustrie.
Aktuell besitzt das in Biel ansässige Unternehmen 18 große Marken, darunter Omega, Blancpain, Breguet, Swatch und Glashütte Original sowie mehrere Uhrenkomponentenhersteller, darunter auch der sehr bedeutende Uhrwerkshersteller ETA. Einige würden gar behaupten, dass ETA inzwischen zu den wertvollsten Vermögenswerten der Gruppe gehört, da eine beträchtliche Anzahl von Marken, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Swatch Group, die Werke von ETA verwendet.
Richemont
Ein anderer Name, der nicht fehlen darf, wenn es um Luxusgüterkonzerne in der Uhrenindustrie geht, ist Richemont. Nach der Gründung Ende der 80er-Jahre erwarb Richemont nach und nach eine Reihe legendärer Marken sowohl aus der Uhren- als auch der übrigen Luxusgüterindustrie und brachte es so auf ein beeindruckendes Portfolio mit Namen wie Cartier, Jaeger LeCoultre, IWC Schaffhausen, Vacheron Constantin, Panerai, Montblanc und A. Lange & Söhne.
Einige führen ihren Erfolg in den letzten Jahren auf die eingehende Analyse des Geschmacks der Sammler zurück, was sich in den zahlreichen Stücken im Vintage-Stil, die sich als Reaktion auf die steigende Beliebtheit von Vintage-Uhren durch sämtliche Markenpaletten hindurchziehen, widerspiegelt. Der Ansatz, die Sammler zufriedenzustellen, zahlt sich definitiv aus – Richemont verzeichnete 2015 einen Umsatz von mehr als 10 Milliarden Euro.
Unabhängige Hersteller
Auch wenn es sich beim Großteil der Marken um Töchter größerer Luxusgüterkonzerne handeln mag, gibt es doch nach wie vor einige ältere eigenständige Betriebe, wie etwa das 141 Jahre alte Familienunternehmen Audemars Piguet. In den letzten Jahren sind zudem neue Akteure wie F.P. Journe, Laurent Ferrier und die immer wieder überraschende Marke MB&F auf dem Markt erschienen.
Der entscheidende Vorteil, den diese Firmen gegenüber ihren Goliath-ähnlichen Wettbewerbern haben, ist, dass sie in der Lage sind, einzigartige Stücke anzufertigen und die Markenidentität präziser zu definieren, statt nur ein weiteres Marktsegment möglichst effizient abzudecken. Nichtsdestotrotz ist anzumerken, dass der Besitz von Uhren kleinerer, unabhängiger Hersteller auch seine Nachteile hat, nämlich dass nach dem Kauf eine globale Infrastruktur für die Wartung und Reparatur fehlt. Damit muss man einfach leben, wenn man solche Stücke sammeln möchte.
Große Unabhängige Marken
Last, but not least sind da noch jene Uhrenhersteller, die manche gerne als die „großen Unabhängigen“ bezeichnen. Das sind Marken, deren Kundenstamm und Nachfrage so groß sind, dass sie eigenständig tätig sein können, und gelegentlich neue Standards für die gesamte Branche setzen. Ein Beispiel gefällig? Denken Sie mal an Rolex oder Patek Philippe – zwei Ikonen der Uhrmacherei, die nicht nur als Pioniere der Zunft angesehen werden, sondern international für Erfolg und Raffinesse stehen. Beim Kauf einer Uhr von Herstellern wie diesen muss man sich sicher keine Sorgen darüber machen, wie man die spätere Wartung organisiert, denn es gibt sie schon ewig und sie werden zweifellos noch lange bleiben.
Achten Sie beim nächsten Besuch beim Händler Ihres Vertrauens oder auch beim Betrachten Ihrer eigenen Sammlung mal darauf, in welche Richtung Ihre Neigungen gehen. Haben Sie einen Hang zu Richemont-Marken? Unterstützen Sie die unabhängigen Hersteller? Oder fühlen Sie sich von den bewährten Produkten großer, privat geführter Manufakturen angesprochen? Es wird Sie sicherlich zum Nachdenken über Ihr eigenes Sammelverhalten anregen.