In der komplexen Welt der Uhrmacherei können selbst kleinste Details erheblichen Einfluss auf den Marktwert einer Uhr haben. Ein oft übersehener Faktor hierbei: die Farbe des Zifferblatts. Auch wenn es trivial erscheinen mag, hat der Farbton des Zifferblatts einer Uhr überraschenderweise einen Einfluss auf den wahrgenommenen Wert einer Uhr. Heute befassen wir uns mit dem entzückenden Zusammenspiel von Farben und Ökonomie und enthüllen dabei faszinierende Erkenntnisse und unerwartete Zusammenhänge.
Benötigen Sie ein paar Hintergrundinfos? Lesen Sie den Artikel meines Kollegen Sebastian über Zifferblätter.
Geschmack und Trends?
Die Farbe des Zifferblatts ist eine bewusste Entscheidung sowohl für Käufer als auch die Marken in der Uhrenwelt. Sie erinnern sich vielleicht an das Jahr 2021, als jede Uhr aus irgendeinem Grund grün war. Oder denken Sie etwa an diesen hellblauen Ton, der bei Auktionen sowie auf dem Sekundär- und Graumarkt für großes Aufsehen sorgte. Menschen bevorzugen bestimmte Farben, und dieser Umstand hat deutliche Auswirkungen auf das Kaufverhalten. Sie können sich das so vorstellen: Wenn Sie sich schon immer einen roten Ferrari gewünscht haben, wären Sie auch bereit, etwas mehr zu zahlen, wenn die Zeit für den charakteristischen Rosso Corsa gekommen wäre.
Speziell auf Uhren gemünzt lässt sich diese Farbkorrelation anhand einiger Schlüsselmodelle erklären: die Rolex Datejust, die Rolex Daytona, die Audemars Piguet Royal Oak und die Patek Philippe Nautilus.
Um den Einfluss von Zifferblattfarben auf unsere Produkte zu bewerten, haben wir schwarze Zifferblätter und Stahlgehäuse als Standard definiert und prüfen nun, wie sich die verschiedenen Zifferblattfarben positiv oder negativ auf deren Preis auswirken.
Erhöhte Preise bei Diamantbesatz
Beginnen wir mit der aktuellen Generation der 36-mm Rolex Datejust in Stahl (Ref. 126234). Der Durchschnittspreis für die Version mit schwarzem Zifferblatt liegt derzeit bei etwa 12.000 EUR. Graustufen-Zifferblätter kosten in der Regel weniger, wobei Silber um 3 %, Grau um 5,8 % und Weiß um 7,7 % niedriger liegen. Kühle Farbtöne wirken sich preislich leicht positiv aus, so kosten blaue Zifferblätter 0,5 % mehr und grüne Zifferblätter (inkl. Palm Dials) 3,1 % mehr. Die größten Margen gibt es bei feminineren Farbtönen, wobei violettfarbene Zifferblätter 19,7 %, rosa Zifferblätter 24,1 % und Perlmuttzifferblätter gar 33,1 % höher als schwarze Standardausführungen gehandelt werden. Wichtiges Detail dabei ist, dass diese Varianten typischerweise mit Diamanten besetzt sind, was die Materialkosten erheblich in die Höhe schnellen lässt.

Schwenken wir nun rüber zur Rolex Daytona, wo wir uns das bemerkenswerte Gefälle zwischen weißen und schwarzen Versionen der Referenz 116500LN anschauen, die zwischen 2016 und Anfang 2023 produziert wurde. Der Durchschnittswert der Version mit schwarzem Zifferblatt und Stahlgehäuse liegt derzeit bei etwa 19.900 EUR. Wenn Sie sich jedoch für die Version mit weißem Zifferblatt entscheiden, steigt der Wert um etwa 11,6 % auf 22.200 EUR.
Weitere Zifferblattfarben zur Auswahl stehen bei der Audemars Piguet Royal Oak. Und da dieses Modell den Großteil der AP-Verkäufe ausmacht, legt der Hersteller großen Wert auf solche Zahlen. Wir schauen uns die aktuelle Generation der 41-mm 15510ST aus Stahl an. Käufer haben hier eine Handvoll Farben zur Auswahl, und interessanterweise ähneln die Trends denen, die wir bei der Rolex Datejust beobachten konnten. Graustufen-Varianten brechen auch hier tendenziell etwas ein, wobei die silbernen Zifferblätter ca. 6,2 % günstiger sind im Vergleich zu den schwarzen und weißen Zifferblättern, die um die 2,6 % niedriger liegen. Grau selbst zeigt eine positive Tendenz, allerdings nur geringfügig mit 3,6 % über der schwarzen Version. Die großen Preissprünge sehen wir bei den blauen und grünen Zifferblättern. Blau erhöht den Wert dieser Referenz um 26,9 %, während Grün ihn um satte 30,9 % hochtreibt.

Dies sind große Sprünge, und sie sind noch bedeutender, wenn man bedenkt, dass es sich um recht unscheinbare Modelle handelt, also ohne Diamanten oder Edelsteine, wie es bei den Datejusts der Fall war. Sollten Sie für AP tätig sein und dies lesen (wahrscheinlich nicht), aber wenn doch, so wäre es absolut sinnvoll, einfach noch eine neue Zifferblattfarbe herauszubringen, um die Nachfrage zu steigern.
Zifferblattfarben – bloße Ästhetik?
Wir beenden unseren Exkurs mit der gehyptesten aller Hype-Uhren – der Patek Philippe Nautilus 5711. Viele von Ihnen sind es leid, immer wieder von dieser Uhr zu hören (oder in diesem Fall zu lesen), und einige von uns sind es leid, darüber zu reden (oder zu schreiben). Hier wie andernorts wurde schon viel über ihre Marktschwankungen berichtet, doch wir schauen uns heute speziell die Zifferblattfarben an.
Es gibt keine Standardversion dieser Uhr mit schwarzem Zifferblatt, daher haben wir hier ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Weiß und Blau. Natürlich gibt es auch Varianten mit grünem Zifferblatt und Tiffany-Blau, doch diese sind auf Chrono24 nicht stark genug vertreten, um eine statistisch fundierte Aussage zu treffen, weshalb wir uns vorerst auf die Klassiker beschränken. Die Version mit weißem Zifferblatt kostet im Schnitt ca. 113.000 EUR. Das dunkelblaue Zifferblatt ist die Originalversion und das, woran die Leute denken, wenn die 5711 zur Sprache kommt. Diese Variante hat einen Durchschnittswert von etwa 129.000 EUR, was einer Steigerung von ca. 14,2 % gegenüber der weißen Version entspricht.
Und damit endet unsere ausführliche Untersuchung von Zifferblattfarben und deren Auswirkung auf den Marktwert von Uhren. Es ist ein Beleg des subtilen, jedoch tiefgreifenden Einflusses, den Ästhetik auf die Marktdynamik haben kann: So wie ein frischer Anstrich eine Oberfläche verjüngen kann, erinnert die Kraft der Farbe in der Uhrmacherei daran, dass manchmal selbst kleinste Anpassungen eine große Wirkung erzielen können.