Bei all den technischen Raffinessen, Design-Spielereien und dem Markenhype in der Luxusuhrenwelt, kann es nur allzu schnell geschehen, dass der eigentliche Nutzen einer Uhr in den Hintergrund tritt: Die Zeitanzeige. Lassen wir Uhren mit einer digitalen Zeitanzeige einmal außer Acht, so ist eine Uhr ohne Uhrzeiger zwar möglich, aber sinnlos. Wie sich die Zeiger bei Uhren entwickelten und welche Arten von Uhrzeigern es gibt, möchten wir im Folgenden genauer beleuchten.
Aus eins mach zwei: Wie sich der Uhrzeiger vermehrte
Die frühesten Uhrzeiger waren streng genommen nur ein Schatten ihrer selbst. Die bereits vor 2000 Jahren – und noch bis ins 19. Jahrhundert – verwendeten Sonnenuhren verfügten über einen sogenannten Polstab. Dieser war parallel zur Erdachse ausgerichtet und warf seinen Schatten auf einen skalierten Bereich. Aus dem stabförmigen Schatten und der Markierung antiker Wasseruhren (griechisch: Klepshydra) leitete sich die charakteristische pfeilförmige Gestalt der Zeiger ab, die sich bereits auf den ersten Turmuhren aus dem 15. Jahrhundert wiederfindet.
Die ersten Uhren waren noch Einzeiger-Modelle, die lediglich die aktuelle Stunde anzeigten. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts wurden oft sogar die alten Sonnenuhren verwendet, um die noch ungenau laufenden mechanischen Uhren zu stellen.
Es folgten erhebliche Verbesserungen durch Christiaan Huygens Erfindung der Unruh-Spirale und Daniel Quares Weiterentwicklung des Zeigerwerks, die die Ganggenauigkeit der Uhren derart erhöhten, dass eine exaktere Zeitangabe durch einen Minutenzeiger möglich wurde. Es sollte allerdings noch bis ins 18. Jahrhundert dauern, bis sich die Zwei-Zeiger-Modelle durchsetzten.
Größe und Gestaltung von Uhrzeigern
Was viele nicht wissen: Bis zur Renaissance war es noch üblich, dass die Stundenzeiger länger waren als die Minutenzeiger. Heute variieren die Größen der Zeiger, je nachdem, um welchen Hersteller es sich handelt. Die Proportionen von Uhrzeigern orientieren sich jedoch weitestgehend am goldenen Schnitt. Danach ist der Stundenzeiger idealerweise ein Drittel kürzer als der Minutenzeiger. Die Sekundenzeiger sind länger als die Stunden- und Minutenzeiger und werden durch ein kleines Gewicht an ihrem Ende in der Uhrmitte ausbalanciert.
Die Zeiger werden über die Weiserstange mit dem Uhrwerk verbunden und durch eine Platte fixiert. Damit sie sich dennoch widerstandslos über das Zifferblatt bewegen und verstellt werden können, ist diese Konstruktion mit einem gewissen Spielraum versehen.
Die hochwertigsten Uhrzeiger werden in der Schweiz von Aiguilla in Biel, Estima in Grenchen und Universo in La Chaux-de-Fonds hergestellt. Die Finissage der Zeiger gehört jedoch zur Handschrift der Uhrenhersteller, die ihren Zeitmessern durch spezielle Uhrzeiger und Verzierungen einen hohen Wiedererkennungswert verleihen.
Armbanduhren mit vier und mehr Zeigern
Auch wenn der Trend in den letzten Jahren wieder hin zu Uhrenmodellen mit nur einem Zeiger ging, haben sich inzwischen die Zwei- und Drei-Zeiger-Modelle als Standard etabliert. Darüber hinaus gibt es jedoch auch Modelle mit vier oder mehr Zeigern, zum Beispiel Chronographen, die oft weitere Zeiger für die Totalisatoren benötigen. Ein vierter Zeiger wird auch gerne bei GMT-Uhren verwendet, die mit Hilfe des GMT-Zeigers eine zweite Zeitzone anzeigen.
Die verschiedenen Uhrzeiger-Arten
Nachdem die Armbanduhr zu einem Alltagsgegenstand für jedermann geworden war, steigerte sich natürlich auch die Anzahl verschiedener Zeigerarten. Obwohl in Spitzenzeiten von einigen Unternehmen fast 1.000 Zeigertypen angeboten wurden, lässt sich mit den folgenden Formen ein guter Überblick darüber gewinnen, welche Gestaltungsformen von Uhrzeigern es gibt.
Der Stabzeiger
Stabzeiger werden auch Obélisque-Zeiger genannt. Sie sind geradlinig und bieten ausreichend Platz für eine Beschichtung mit Leuchtmasse. Zu finden sind Stabzeiger oft bei sportlichen Uhrenmodellen, die aufgrund ihrer guten Ablesbarkeit sowohl in den eigenen vier Wänden als auch unterwegs ein verlässlicher Begleiter sind. Beispielhaft kann der Designklassiker von Audemars Piguet, die Royal Oak, mit ihren klassischen Stabzeigern stehen.
Der Lanzettzeiger
Der Name des Lanzettzeigers, oder auch Lancette-Zeiger, leitet sich von seiner spitz zulaufenden Form ab, die an eine kleine Lanze (französisch: Lancette) erinnert. Wenn die Ecken am Anfang des Zeigers stark zu einer Tropfenform abgerundet sind, spricht man auch von einer Feuille- oder Blattform. Diese Gestaltungsweise findet oft bei klassischen Dresswatches Verwendung, wie beispielsweise bei der 1815 von A. Lange & Söhne.
Der Losange-Zeiger
Eine sehr ähnliche Form, wie sie der Lanzettzeiger besitzt, beschreibt die sogenannte Losange-Form. Bei dieser befindet sich die breiteste Stelle des Zeigers weiter in der Mitte und die gesamte Form erinnert an eine lang gezogene Raute. Die IWC Pilots Chronograph verfügt über Zeiger mit einer solchen Form.
Der Schwertzeiger
Die Schwertzeiger oder auch Dauphine-Zeiger haben einen breiten Anfang und laufen von diesem bis zu ihrem Ende kontinuierlich spitz zu. Wie die Lanzettzeiger findet sich diese Form vornehmlich bei Dresswatches von Luxusuhrenmarken wie etwa der Clifton von Baume & Mercier.
Der Breguet-Zeiger
Abraham Louis Breguet gilt als einer der bedeutendsten Uhrmacher der Geschichte. Zu den Erfindungen Breguets zählt neben den ersten automatischen Uhren beispielsweise auch die erste Armbanduhr. Die Zeiger, die seinen Namen tragen, zieren dabei nicht nur die Uhren von Breguet, sondern auch das Logo des Herstellers. Ihren hohen Wiedererkennungswert erlangen sie durch ihre markanten kreisrunden Auslassungen im oberen Bereich des Zeigers.
Sonderformen von Uhrzeigern
Rolex entwickelte für seine Submariner, Yacht-Master und Explorer Serien eine eigene Zeigerform. Weil diese Uhren für Berufsgruppen entwickelt wurden, die sich oft in der Dunkelheit befinden, wollte Rolex die Zeiger besonders großflächig mit lumineszierendem Material versehen. Problematisch war allerdings, dass die damals flüssig aufgetragene Substanz beim Trocknen Gefahr lief, Risse zu bekommen, wenn sie auf einer zu großen Fläche verteilt wurde. Dieses Problem behob Rolex, indem die Fläche in kleinere Abschnitte unterteilt wurde. So entstand der charakteristische Rolex Stundenzeiger mit einer kreisförmigen Fläche an der Spitze. Wegen seiner Y-förmigen Einteilung bekamen die Uhrzeiger bald den Namen Mercedes-Zeiger. Das Design wurde auch von anderen Herstellern aufgegriffen, da dadurch die Stunden- und Minutenzeiger noch schneller unterschieden werden können.
Doch existieren Sonderformen nicht nur bei den Uhren aus dem Hause Rolex. Neben den Formen der eher seltenen Kathedralen- und Louis XV-Zeigern, existieren natürlich noch unzählige weitere Formen, die an dieser Stelle schlicht und ergreifend nicht alle erfasst werden können. Die wichtigsten und gängigsten Formen sind aber die hier genannten.
Eine weitere Aufgabe der Uhrzeiger: Der Uhrzeigersinn
Neben der aktuellen Zeit geben die Uhrzeiger auch die Richtung an, in der die Uhr läuft. Heutzutage kommt es uns als selbstverständlich vor, dass die Zeiger sich rechtsdrehend bewegen. Deshalb sprechen wir in diesem Fall auch vom Uhrzeigersinn und meinen damit eine Rechtsdrehung. Doch bis ins 16. Jahrhundert waren linksdrehende Uhren ebenso weit verbreitet wie rechtsdrehende Modelle.
Es wird vermutet, dass sich die rechtsdrehende Form deshalb durchgesetzt hat, weil sie dem Verlauf des Schattens bei Sonnenuhren in der nördlichen Hemisphäre gleichkam. Da sich die Entwicklung der Uhren hauptsächlich dort abspielte, setzte sich diese Leserichtung der Uhr letzten Endes auch durch. Übrigens spricht man nicht vom „Sinn“, weil es logisch ist, dass die Uhrzeiger sich rechtsherum drehen, sondern weil das Wort „Sinn“ ursprünglich Richtung bedeutete. In der südlichen Hemisphäre würden sich die Zeiger einer Sonnenuhr nämlich genau andersrum drehen.