Die meisten unserer Chrono24-Magazinartikel drehen sich um Uhren – was bei einem Online-Portal für Luxusuhren nicht weiter verwundert. Von Zeit zu Zeit werfen wir jedoch auch gerne einen Blick hinter die Kulissen der Uhrenindustrie. Hinter den Marken stehen findige Uhrmachermeister, die die raffiniertesten Komplikationen entwickeln. Vielleicht kennen Sie einige davon bereits aus unserer Reihe „Gesichter der Uhrenindustrie“. Doch auch andere gestalten unsere geliebte Uhrenbranche mit, indem sie über sie berichten oder Uhren-Events veranstalten. Roger Ruegger passt in beide Kategorien. Als Chefredakteur von WatchTime USA leitet er eines der größten englischsprachigen Uhrenmagazine. Gemeinsam mit seinem Team organisiert er auch die WatchTime New York, den größten Luxusuhren-Event der USA. Auf der WatchTime New York 2019 hatte ich die Gelegenheit, mich mit Roger über Uhren zu unterhalten.
Gehen wir mal ganz zurück zum Anfang. Wie ist die WatchTime entstanden?
Wir sind einfach ins kalte Wasser gesprungen und haben eine Show auf die Beine gestellt. 2015 haben wir die erste große Veranstaltung organisiert und sind dann einfach immer weitergewachsen. Wir sind mit 17 Marken gestartet, mittlerweile sind es 30. Und es werden jedes Jahr mehr. 2019 haben wir dann Events an der West- und an der Ostküste organisiert, in Los Angeles und New York. Wir haben viele Luxusmarken auf der Veranstaltung, wie A. Lange & Söhne, Blancpain und F.P. Journe, was dem hiesigen Markt entspricht. Wir finden es gut, dass die Windup zur gleichen Zeit stattfindet, denn die beiden Events könnten nicht unterschiedlicher sein. Zu unserer Show kommt ein hochkarätiges Publikum. Die Besucher bekommen hier MB&F und Akrivia zu sehen, das sind Marken, die man normalerweise nicht beim Uhrenhändler findet. Wir haben aber auch Omega und Zenith.
Das ist definitiv eine breite Auswahl. Was können Sie uns über die Besucher der Veranstaltung erzählen? Sind das typische WatchTime-Leser?
Ja, in der Tat. Wir haben sehr treue Kunden. Zu uns kommen alle Arten von Besuchern: Das reicht vom älteren Herrn, der an der Upper East Side wohnt und Patek-Uhren sammelt, bis hin zu jungen Leuten von 25 Jahren, die eine G-Shock oder eine MB&F am Handgelenk tragen. Diese Leute haben Geschmack, Leidenschaft und Geld, weshalb sich auch die Verantwortlichen der verschiedenen Marken für die Veranstaltung interessieren.
Apropos Marken, welche Marken gefallen Ihnen als Branchenkenner persönlich am besten?
Mir gefallen fast alle Uhren. Die Marke spielt für mich keine Rolle. Jetzt gerade trage ich zum Beispiel eine 200-Dollar-Uhr. Ich persönlich gebe nicht gern mehr als 7.000 oder 8.000 Dollar für eine Uhr aus – und Sie wissen, ich bin ein Fan von Taucheruhren. Ich besitze zufällig einige Seiko-Modelle. Ich habe eine DOXA und interessiere mich seit einer Weile auch für die PloProf, die Marinemaster und die Tuna. Der Preis ist für mich eigentlich nicht so wichtig. Ich habe nämlich festgestellt, dass ich mit der 200-Dollar-Uhr, die momentan trage, genauso glücklich bin, wie ich es mit einer Uhr für 10.000 Dollar wäre.
Was halten Sie von der Uhrenszene in New York und allgemein in den USA? Sie selbst sind ja nicht in den Vereinigten Staaten geboren, sondern in der Schweiz, dem Heimatland der Uhren …
Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass es nicht den „einen“ amerikanischen Markt gibt. Wir haben verschiedene Zentren — Los Angeles, Las Vegas, Miami, Dallas usw. New York ist ein faszinierender Markt. Er ist so einzigartig. Wir haben hier einige der besten Uhrengeschäfte der Welt. Hier verstehen sie das, was andere nicht verstehen. Auch Auktionshäuser wie Phillips und Christie’s sind hier ansässig. Im Allgemeinen sind die USA ein jüngerer und stärkerer Markt, der Experimente und Risiken nicht scheut.
Wie sehen Sie die Rolle der Printmedien in Zeiten, in denen die digitalen Medien alles zu beherrschen scheinen? Eine schnelle Produktion steht häufig an erster Stelle und es scheint, dass Printmagazine allmählich in den Hintergrund gedrängt werden.
Unser Business befindet sich in einem stetigen Wandel. Wenn Sie glauben, der Journalismus sei im Allgemeinen eine schwierige Branche, dann müssen Sie es erst einmal in den USA versuchen. Wir sind das letzte Uhrenmagazin, das die Kunden am Kiosk kaufen können. Wir drucken 40.000 Exemplare pro Monat und unser Magazin ist am New Yorker John-F.-Kennedy-Flughafen erhältlich. Ich weiß, dass viele unserer Leser gar nicht aus New York sind, sondern nur auf der Durchreise. Mit anderen Worten: Wir sind zufrieden, wie es ist. Es gibt da draußen auch ein Geschäftsmodell, bei dem die Magazine nur in Hotels erhältlich sind. Das ist nicht unser Modell. Unser Zielpublikum ist der Leser. Unterdessen ändern sich die Branche, der Journalismus und auch die Art und Weise, wie wir Medien konsumieren. In einer solchen Umgebung ist es wichtig, fokussiert zu bleiben. Und genau das tun wir.
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